Donnerstag, 12. September 2013
Als er aber nahe an das Stadttor kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, der der einzige Sohn seiner Mutter war, und sie war eine Witwe. (…) Und als sie der Herr sah, jammerte sie ihn und er sprach zu ihr: Weine nicht!
Lk 7, 12-13

In meiner Erinnerung scheint es mir, als hätte ich das Wort ‘Witwe’ als Kind über die Fernsehwerbung kennengelernt. ‚WWK – eine starke Gemeinschaft‘ war der Slogan einer Versicherungsgruppe. Und neugierig wie ich war, wollte ich dahinterkommen, was es mit dem Buchstabenkürzel auf sich hatte. Witwen- und Waisenunterstützungskasse, erfuhr ich, war der ursprüngliche Name. Denn die Witwen und Waisen, die haben eben niemanden mehr, der sie versorgen kann, und brauchen Geld zum Leben.

In der Stadt Nain, in biblischen Zeiten, da gab es noch keine Unterstützungskasse. Witwe zu sein war ein schwerer Stand. Glücklich die Frau, die zumindest noch einen Sohn hatte, der ihr durch seine Arbeit das täglich Brot beschaffen konnte. Nur auf diesem Hintergrund entfaltet sich die Dramatik der Szene, die Lukas beschreibt. Die Trauer um das verstorbene Kind ist nur eine Dimension der Not. Der Absturz in die völlige Ungesichertheit ist fast noch schlimmer, denn er bringt die ‚verwaiste Witwe‘ an den Rand der eigenen Todesnot.

Für mich klingen in dieser Geschichte immer die Worte Jesu am Kreuz mit, wie sie bei Johannes überliefert sind. Er spricht zu Maria und Johannes, die in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zueinander waren: Siehe, das ist deine Mutter! Siehe, das ist dein Sohn. Er sorgt noch im Sterben dafür, dass seine Mutter einen Versorger und Unterstützer hat. Jesu Sterben und Auferstehen überwand nicht nur den Tod als lebensfeindliche Macht, es stiftete auch eine neue Solidargemeinschaft unter den Seinen.

Und so hat auch die spektakuläre Totenauferweckung Jesu in Nain zwei Lesarten: sie vertreibt den Tod, zumindest den vorzeitigen Tod, entgegen aller Natur und Erwartung. Aber sie ist auch die Lebens-Sicherung für die hilflose Mutter, die ohne den Sohn selbst nicht weiter leben könnte.
Das Mirakulöse, Übernatürliche tritt zurück hinter die Demonstration der Solidarität mit dem Leben.
Die Gemeinschaft der Familie Gottes, sie könnte eine Unterstützungskasse überflüssig machen, als eine starke Gemeinschaft, die die Schwachen trägt.